Ein wenig nervös war ich schon, als ich das erste Mal im Pilotensitz unseres „Joghurtbechers“ Platz nahm, denn vor der Aufgabe, die ich mir gestellt hatte, hatte ich schon etwas Respekt. Jetzt ging es nicht mehr nur darum ein Flugzeug im Gleitflug sicher in die Luft und wieder auf den Boden zu befördern und die Geschwindigkeit, Höhe, Gleitwinkel und den Luftraum im Auge zu behalten – jetzt kamen noch Gashebel, Öl-Temperatur und -Druck und die vielen anderen Dinge, von denen ich gleich erfahren würde hinzu: Vergaservorwärmung, Benzinpumpe, Landeklappen (wie bei den ganz Großen) und Sprit-Anzeige hinzu … dafür keine Bremsklappen mehr und eine Umorientierung, dass ich zur Regulierung der Geschwindigkeit nun „Nase hoch/runter“ und „Gashebel nach vorne/hinten“ koordinieren muss.

Zum Glück war ich nicht alleine im Cockpit, sondern hatte Jo an meiner Seite, unseren UL-Fluglehrer. Besser war das.

Denn alles in allem war die Flut an Informationen und Kontrollen und Tätigkeiten die ersten Runden doch sehr überwältigend (und erinnerte mich an meine ersten Segelflugstarts). Doch dank Jos Engelsgeduld und der ständigen Wiederholung der Procedures kam langsam Routine auf.

Und als Jo dann eines Tages meinte, dass ich jetzt alleine fliegen könne, wenn ich wolle, waren meine Gefühle gemischt. Stolz und Freude über das Vertrauen, dass mir entgegengebracht wurde und über das erlernte und erarbeitete Wissen und Können, aber auch ein wenig Bammel, ob das ohne „Sicherheitsnetz Fluglehrer“ neben mir gut über die Bühne gehen würde.

Hochkonzentriert checkte ich vor Abflug, sagte mein Sprüchlein im Funk auf, schob den Gashebel rein die kleine weiße IKARUS hob ab. Und es fühlte sich einfach großartig an, die kleine Motormaschine starten und landen zu lassen – obwohl der Sitz neben mir nun leer war.
Wie sang Reinhard Mey: „Du kannst fliegen. Ja du kannst.“

Im Ausbildungsplan standen auch zwei Überlandflüge mit Landungen auf fremden Flugplätzen an – sowie das Funken mit Langen Information, dem Fluginformationsdienst. Auf dem Weg nach Eisenach-Kindel hatten wir hier besonders viel Spaß, da der Fluglotse anscheinend sehr gute Laune hatte.

Ich machte ordnungsgemäß meinen Einleitungsruf „Langen Information – D-MHEU“ und hörte kurze Zeit später (ich war vermutlich die einzige weibliche Stimme) „D-MHEU – Langen Information – hallo, die Dame!“ Eh schon nervös, weil ich im Funken nicht so geübt war, ratterte ich schnellstmöglich – aber im Vergleich zu geübten Piloten eben doch ziemlich langsam – mein Sprüchlein herunter und wurde sogleich als Flugschülerin entlarvt. Kurze Zeit später wurde ich wieder von Langen gerufen, die mir Verkehr meldeten: „D-MHEU, Äuglein auf! Verkehr von 3 Uhr in 2.500 Fuß.“ Zwischendurch übernahm Jo kurz den Funk, um dem Lotsen mitzuteilen, dass die Verständigung teilweise sehr schlecht war. Nach seinem Einleitungsruf hörte ich die Stimme des Fluglotsen: „Hallo D-MHEU, ist die Lady zu schüchtern um weiter mit mir zu sprechen?“ Auf dem Rückweg hörten wir, wie der Lotse ein anderes Flugzeug rief: „D-XXXX, Achtung, zwei Tornados von 3 Uhr … hui, schon vorbei!“ und in sicherer Entfernung von mehreren Kilometern sahen wir einen weiteren Kampfjet vor uns unsere Flugbahn kreuzen.
Als ich mich von Langen verabschiedete, bedankte ich mich für die „Begleitung“ und bekam als Antwort: „Gern geschehen, allzeit bereit!“ Ich lachte und sah Jo fragend an, aber der meinte schnell: “Nein, da sagst Du jetzt nichts mehr, sonst gehen wir ein in die Funk-Anekdoten!!!“